Der Begriff “Burnout” ist jedem bekannt. Aber es gibt auch ein anderes, genauso problematisches Phänomen: Boreout – die belastende Langeweile im Job. Warum Mitarbeitende, die sich im Job dauerhaft langweilen, ein Problem sein können und welche Handlungsmöglichkeiten Arbeitgeber*innen haben, erfahren Sie hier.
Ein Gastbeitrag von Dr. med. Ulrike Thieme von ZAVA
Was ist Boreout und wie erkenne ich die Symptome?
Mit Boreout sind belastende Langeweile und Unterforderung im Job gemeint, die bei Arbeitnehmer*innen Stresszustände auslösen. Der Begriff setzt sich zusammen aus den englischen Wörtern “boredom” (Langeweile) und “burnout” (ausbrennen).
Für Arbeitgeber*innen kann es schwierig sein, zu bemerken, dass Mitarbeitende an Boreout leiden. Denn viele möchten ihre Lage verheimlichen und verbergen, dass sie nicht genug zu tun haben – aus Scham oder aus Angst vor einem Jobverlust. Eine zentrale Empfehlung an Arbeitgeber*innen ist es daher, sich selbst und ihre Mitarbeitenden für das Thema Boreout zu sensibilisieren, damit Betroffene sich ihres Zustands bewusstwerden, Hilfe suchen und Veränderungen in die Wege leiten können.
Im schlimmsten Fall kann Boreout zu verschiedenen, dem Burnout ähnlichen Symptomen führen, wie:
- Angstzustände
- Schlaflosigkeit
- Müdigkeit
- Erschöpfung
- Kopfschmerzen
- Rückenschmerzen
- Tinnitus
- Schwindelgefühle
Laut dem Mental Health Report von ZAVA klagen sechs von zehn Personen über solche Symptome, die sowohl für Burnout als auch für Boreout typisch sind.
Welche Faktoren können zum Boreout führen?
Es gibt verschiedene Faktoren, die zu einem Boreout führen können. Zum einen kann der/die Mitarbeiter*in überqualifiziert sein und die Aufgaben als zu wenig herausfordernd empfinden. Auch wenn Mitarbeitende zu wenig Anerkennung für ihre Arbeit bekommen oder das Gefühl haben, dass ihr Job keinen Sinn ergibt und keinen Mehrwert schafft, erhöht sich die Gefahr eines Boreouts. Ein weiterer Faktor sind zu monotone, repetitive Aufgaben.
Die Folgen eines Boreouts
Arbeitgeber*innen sollten Boreout bei ihren Mitarbeitern ernst nehmen. Dafür gibt es gute Gründe: Leiden Mitarbeiter*innen an Boreout, sind sie unmotiviert, gleichgültig und desinteressiert. Sie können ihr volles Potenzial nicht ausschöpfen und sind eingeschränkt in ihrer Fähigkeit und Bereitschaft, zum Erfolg des Unternehmens beizutragen. Unmotivierte Mitarbeiter*innen kosten ihren Arbeitgeber*innen daher unter Umständen viel Geld. Außerdem fällt es bei Langeweile auch schwerer, Mitarbeitende an das Unternehmen zu binden.
Darüber hinaus können sowohl Boreout als auch Burnout andere physische und psychische Krankheiten auslösen, die eventuell zu einem noch länger andauernden Ausfall der betroffenen Mitarbeitenden führen.
Wie können Unternehmen Boreout bei Mitarbeitenden verhindern?
Arbeitgebende können präventiv einiges gegen Boreout bei ihren Mitarbeiter*innen tun. Wir haben verschiedene Möglichkeiten zusammengetragen.
Offenes Arbeitsumfeld schaffen
Von zentraler Bedeutung ist es, ein positives Arbeitsklima zu schaffen und Vertrauen aufzubauen. Die Mitarbeitenden sollen keine Hemmungen verspüren, Probleme anzusprechen und den möglichen Beginn ihres Boreouts zu thematisieren. Wie auch der oben genannte Mental Health Report von ZAVA darlegt, ist die Stigmatisierung von psychischen Krankheiten und Störungen ein großes Problem, das das Hilfesuchen von Betroffenen einschränkt. Arbeitgeber*innen sollten es sich als Priorität setzen, mit den Mitarbeitenden gemeinsam an Lösungen für diese Probleme zu arbeiten.
Fähigkeiten der Arbeitnehmer*innen kennen, nutzen und wertschätzen
Führungskräfte sollten sicherstellen, dass alle Mitarbeitenden ihre Fähigkeiten in ihrem Job gut einsetzen können und weder überfordert noch unterfordert sind. Zudem ist es wichtig, Wertschätzung für die Arbeit auszudrücken und den Mitarbeitenden die Sinnhaftigkeit ihrer Tätigkeit zu vermitteln.
Klug bei Rekrutierung vorgehen
Arbeitgeber*innen sollten vor jeder Rekrutierung prüfen, ob dafür wirklich ein konkreter Bedarf besteht. Denn: Jede*r neue*r Mitarbeiter*in soll ausreichend Aufgaben haben und wirklich gebraucht werden. Wenn eine Rekrutierung nicht 100 Prozent zur Stelle passt, ist zu prüfen, ob diese Person nicht auch für einen anderen Aufgabenbereich geeignet ist.
Belastungen fair aufteilen
Häufig liegt folgende Situation vor: Einige Mitarbeitende sind mit Aufgaben überhäuft, andere langweilen sich aufgrund von Aufgabenmangel. Das ist nicht nur ineffizient, sondern wird auch als ungerecht empfunden, wodurch die Unzufriedenheit von beiden Seiten wächst. Arbeitgeber*innen sollten daher über alternative Lösungen nachdenken: Vielleicht können Mitarbeitende Aufgaben von anderen Abteilungen übernehmen, wenn es zu ihren Fähigkeiten und Interessen passt. Auch Aufgaben-Rotationen sind eine Möglichkeit, da Sie dadurch Abwechslung schaffen können und weniger Monotonie bei Ihren Mitarbeitenden aufkommt.
Diese Maßnahmen stimmen zu weiten Teilen mit jenen überein, die Unternehmen auch in einem Fall von Burnout durchführen sollten. Mehr dazu erfahren Sie in unserem Artikel “Burnout – das können Unternehmen tun”.
Fazit
Das Boreout-Syndrom zu erkennen, zu verhindern und damit umzugehen ist nicht nur für die individuellen Mitarbeiter*innen von hoher Bedeutung, sondern auch für Arbeitgeber*innen sehr wichtig. Einerseits geht es um das Wohlergehen ihrer Angestellten, andererseits auch darum, den Erfolg ihres Unternehmens langfristig zu sichern. Dabei ist auch schnelles Handeln zentral, denn, wie Dr. med. Frank Tenbrock im Mental Health Report von ZAVA sagt: “Je länger eine Krankheit andauert, desto schwieriger kann es sein, sie zu behandeln.”
Dr. med. Ulrike Thieme ist seit 2018 Mitglied des deutschen Ärzteteams bei ZAVA. Sie studierte Medizin an der Universitätsklinik Charité in Berlin und an der Ludwig-Maximilians-Universität München. Ihre Facharztausbildung für Neurologie absolvierte sie in Dachau. Vor ihrer Tätigkeit bei ZAVA arbeitete sie am National Hospital for Neurology and Neurosurgery in London. Für ZAVA berät und behandelt sie Patienten über das Internet.