Von der Lohn-Transparenz zur Skill-Transparenz

In einer Zeit, in der Transparenz und Fairness in der Arbeitswelt zunehmend an Bedeutung gewinnen, ist das Thema Lohntransparenz aktueller denn je. Unternehmen stehen vor der Herausforderung, ihre Lohnstrukturen offen zu kommunizieren und die Kompetenzen ihrer Mitarbeitenden transparent darzustellen, um eine gerechte und inklusive Unternehmenskultur zu fördern.

Wir freuen uns, mit Helsana, eine Vorreiterin in diesen Bereichen, über ihre Ansätze und Erfahrungen zu sprechen. Im Interview mit Beat Hunziker erhalten wir spannende Einblicke in Helsanas Strategien und Herausforderungen bei der Umsetzung von Transparenzmassnahmen sowie in die Vorteile, die daraus für das Unternehmen und seine Mitarbeitenden entstehen.

Zudem wagen wir einen Ausblick, wohin die Reise der Lohntransparenz künftig führen wird.

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Was waren die Hauptgründe, Lohntransparenz bei Helsana einzuführen?

Wir wollten primär Fairness und Gleichberechtigung über die verschiedenen Geschäftsbereiche, Funktionen und Stellenprofile hinweg sicherstellen und aufzeigen. Und wenn man schon so eine Übung macht, dann kann man diese auch publik machen (lacht). Die Vorteile liegen auf der Hand: Unsere Transparenz unterstützt sachliche, klare Lohnverhandlungen, da Löhne an Fakten gekoppelt werden, die für alle Seiten klar ersichtlich sind. Das verbessert die Gesprächsqualität, weil man darauf fokussiert, wo man steht und was es für mehr Lohn braucht. Insbesondere nach innen fördert das eine Kultur der Offenheit und Transparenz. Und nach aussen ist es eine eindeutige Botschaft bezüglich unserer Qualität und Fortschrittlichkeit als Arbeitgeberin.

Was waren die konkreten Schritte und Prozesse bei der Einführung der Lohntransparenz?

Eine riesige Excel-Tabelle! (lacht)

Im Ernst, grob zusammengefasst: Zuerst braucht es die Überzeugung, den Mut und den Durchhaltewillen, diese Thematik anzugehen. Wir sind mit einem kleinen Team von Compensation-Spezialistinnen und, ganz wichtig, dem Einbezug der operativen Führungsverantwortlichen gestartet. Die bereichsübergreifende Zusammenarbeit war ein Schlüsselfaktor, die Projektgruppe musste erstmal harmonieren und eine gemeinsame, realistische Projektplanung erarbeiten.

Im ersten Schritt wurden sämtliche Fakten zusammengetragen: Funktionsbeschriebe, erforderliche Aus- und Weiterbildungen, praktische Erfahrungen, Sprachen – die Liste geht noch weiter – wurden abgeglichen und vereinheitlicht.

Mit einem einheitlichen Bewertungssystem über alle Funktionen erfolgte die Anpassung mit entsprechenden Funktionsstufen und Lohnbändern über sämtliche Geschäftsbereiche.

Was waren die Herausforderungen bei der Einführung?

Natürlich gab es zu Beginn Bedenken. Insbesondere gegenüber der absoluten Transparenz zur angewendeten Systematik, gegenüber dem Aufzeigen der Funktionslandschaft und der Offenlegung der Lohnbänder.

Dank der intensiven internen Auseinandersetzung mit dem Thema konnten wir alle Beteiligten und Stakeholder von dem Vorhaben überzeugen. Transparenz und Fairness hilft schliesslich in jedem Teamgefüge, zudem sind Entwicklungsgespräche und Rekrutierungen wesentlich effektiver.

Mit der gleichzeitigen Abschaffung der variablen Vergütungen konnten wir nicht nachvollziehbare Unterschiede beseitigen. Das führte zu einigen wenigen Lohnanpassungen nach oben wie auch nach unten. Die meisten Mitarbeitenden befanden sich bereits innerhalb der jeweiligen Lohnbänder. Hier kam uns die gute Arbeit aus den Vorjahren zugute.

Apropos: Wir sind seit kurzem auch mit dem Fair-ON-Pay Advanced Label zertifiziert. Das kriegt man nicht einfach so (lacht).

Gab es nach der Einführung der Lohntransparenz positive sowie auch kritische Feedbacks?

Eine Änderung der Gepflogenheiten bringt immer kritische Stimmen mit sich. Das ist auch gut so. Entscheidend war aber die intensive interne Auseinandersetzung vor der Einführung, damit das Thema positiv aufgenommen wird.

Wir haben das System zwischenzeitlich kollaborativ optimiert. Das Resultat funktioniert hervorragend und hat sich bestens etabliert. Gerade weil der Lohn in unseren Breitengraden kein einfaches Thema ist, nimmt die Lohntransparenz allen Beteiligten den Druck.

Und extern?

Die externe Lohntransparenz ist nur möglich mit einem soliden internen Fundament. Wir freuen uns darum sehr über das Feedback von ausserhalb. Im Rahmen eines Pilotversuchs haben wir über 300 Bewerbenden zur Lohntransparenz im Stelleninserat befragt. Dabei zeigte sich: Die Erweiterung der Lohntransparenz bis zu den Stelleninseraten wird sehr geschätzt. Gerade mal 3% standen unserer Offenheit kritisch gegenüber, 97% der Befragten begrüssen sie. Nun ist bei allen Helsana-Stelleninseraten mit fixem Lohn das entsprechende Lohnband an prominenter Stelle aufgeführt.

Wieso haben Sie die Lohntransparenz in den Stelleninseraten zunächst als Pilotprojekt eingeführt?

Wir wollten vor dem umfassenden Roll-Out die Erfahrungen der Linie und die Rückmeldungen der Bewerbenden abholen. Trotz dem verheissungsvollen Start liessen wir Vorsicht walten, um eventuell auch Optimierungen vornehmen zu können. Zudem haben wir unterschiedliche Jobprofile im Unternehmen, die teilweise auch leistungsbasiert vergütet werden. In solchen Fällen ist es natürlich herausfordernd, ein einheitliches Band zu kommunizieren. 

Wo führt die Reise mit der Lohntransparenz hin?

Lohntransparenz bedeutet primär, Ausbildungen und Erfahrungen systematisch zu erfassen und zu kategorisieren. Dadurch haben wir nun auch eine Datenbasis, die Lücken und Potentiale aufzeigt. Wir arbeiten an einem Modell, um unsere Mitarbeitenden und so das ganze Unternehmen noch gezielter und zukunftsgerichteter zu entwickeln.

Was heisst das ganz genau?

Neben Ausbildung, Aufgaben und Erfahrung werden wir nun die einzelnen Jobprofile auch mit operativ und strategisch notwendigen Fähigkeiten für die Rolle ergänzen, um Orientierung in den Entwicklungsgesprächen zu geben oder auch Kompetenzlücken zu identifizieren und zu schliessen. Für die Mitarbeitenden entstehen  so noch klarere Standortbestimmungen, transparentere Karriereperspektiven und On-the-Job Entwicklungsmöglichkeiten. Insbesondere auch über ihre angestammte Tätigkeit hinaus. In der Organisation können wir dann z.B. Projekte skillbasiert «ausschreiben» und so auch interne, bereichsübergreifende Möglichkeiten für Entwicklung fördern und Mitarbeitende binden, die sich sonst vielleicht extern orientiert hätten.

Das nennen wir Skill-Transparenz.

Welche Tipps würden Sie anderen Unternehmen geben, die die Einführung von einem solchen Transparenzansatz erwägen?

Primär braucht es den Mut und die Motivation, dieses anspruchsvolle Thema anzugehen. Von Anfang an als Team interdisziplinär arbeiten und die Linie eng einbeziehen – das ist der grösste Hebel. Es empfiehlt sich, eine detaillierte Analyse zunächst in einem bestimmten Unternehmensbereich durchzuführen, um dieses als Testgebiet zu nutzen und dabei wertvolle Erkenntnisse zu gewinnen. Dabei sollten ausreichend Zeit eingeplant und alle Ebenen des Unternehmens klar informiert werden.

Vielen Dank für das Gespräch, Beat!

Beat Hunziker ist seit 25 Jahren bei Helsana engagiert und war lange im operativen Management als Leiter des Service Centers tätig. Seit 11 Jahren ist er Leiter Human Resources.

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