7 Tipps, wie Unternehmen leichter Fachkräfte finden können

Fachrkräftemange

 

Es klingt absurd: Auf der einen Seite suchen Unternehmen in der Schweiz händeringend nach Fachkräften. Auf der anderen Seite bewerben sich gut qualifizierte Fach- und Führungskräfte oft monatelang erfolglos auf Stellen. Für diese Situation, die auf den ersten Blick widersprüchlich scheint, gibt es verschiedene Gründe. Hier sieben Tipps, wie Sie im HR zur erfolgreichen Besetzung von anspruchsvollen Stellen beitragen können.

Ein Gastbeitrag von Dr. Irmtraud Lang

1. Vertrauen Sie auf die Lernfähigkeit von ausgebildeten Fachkräften

Wenn jemand vor 10 Jahren eine mehrjährige Erfahrung als Supply Chain Manager hatte, war die Wahrscheinlichkeit hoch, dass er sich rasch bei einem neuen Arbeitgeber einarbeiten konnte. Heute ist das anders. Die Systeme haben sich verändert, die Prozesse wurden gestrafft, SAP hat neue Updates hervorgebracht. Die «Haltbarkeit» der Fähigkeiten für viele hochqualifizierte Stellen hat sich verkürzt. Wenn jemand also nach einer längeren Pause wieder in den Arbeitsmarkt einsteigen will, sind viele neue und andere Fähigkeiten gefragt.

Tipp: Es gibt zahlreiche externe Weiterbildungsmöglichkeiten, die eine offenbar nicht mehr so aktuelle Erfahrung wieder auf den neusten Stand bringen kann. Kein Grund, solche Profile nicht näher zu evaluieren. Diese Lücken können rasch nachgeschult werden.

2. Suchen Sie den persönlichen Kontakt zu den Bewerbenden

Es dauert im Rekrutierungsprozess oft viel zu lange, bis der Bewerber oder die Bewerberin mit einer menschlichen Person direkt in Kontakt kommt. Denn dieselben Arbeitgeber, die verzweifelt auf der Suche nach neuen Mitarbeitern sind, stützen sich immer stärker auf Softwaretools und Technologie, um Bewerbende nach ihren Kriterien auszusortieren. Es gibt offenbar wenig Platz für die Frage, welche Persönlichkeiten man denn als zukünftige Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen gewinnen möchte. Mitarbeitende wollen sich mit ihrer ganzen Person ins Unternehmen einbringen und nicht von Anfang an auf ihre fachlichen Fähigkeiten reduziert sehen.

Tipp: Wenn irgend möglich, geben Sie interessierten Bewerbenden die Möglichkeit anzurufen oder per Mail Fragen stellen. Jedoch lieber nicht mit automatisiertem Chatbot. Gute Kandidat*innen möchten Ihre Bewerbung in guten Händen wissen. Mit einem persönlichen Erstkontakt kann schon Vertrauen und eine Beziehung aufgebaut werden.

3. Konzentrieren Sie sich auf die Basisanforderungen

Unternehmen mit anspruchsvollen Produkten und Services, im speziellen Fachabteilungen, haben die Tendenz, die Liste der erforderlichen Fähigkeiten zu erweitern, anstatt diese zu verkürzen. Nicht nur sind 10 Punkte in der Aufzählung zu viel. Die Punkte sind auch zum Teil eine wilde Sammlung von Fachbegriffen und Kenntnissen, die in der gesuchten Kombination gar nicht auf dem Markt vorkommen. Das Stellenprofil wurde auf dem Reissbrett entworfen.

Tipp: Lassen Sie sich von Ihren wissenschaftlichen oder technischen Abteilungen nicht zu sehr beeindrucken. Hinterfragen Sie die genannten Fertigkeiten und reduzieren Sie das Stelleninserat auf ein Maximum. Oft gibt ein Suchlauf in Social Media ein erstes Bild wie viele potentielle Fach- oder Führungskräfte es mit Ihrem Suchprofil überhaupt gibt. So bekommen sie schnell eine Marktübersicht und können die Anforderungen gegebenenfalls relativieren.

4. Fokus auf Mindset anstelle von einzelnen Fähigkeiten

Arbeitgeber und Rekrutierende gehen davon aus, dass Kandidat*innen, die eine Fertigkeit erlangt haben, diese auch gerne und weiterhin ausführen möchten. Aber: Fachkräfte wollen sich entwickeln! Eine Validierungsspezialistin beispielsweise möchte sich nach 3-5 Jahren in einer breiteren Aufgabe entwickeln, wird aber oft laufend für Stellen als Validierungsspezialistin angefragt.

Tipp: Orientieren Sie sich weniger an den einzelnen Stellentiteln und Stichworten im CV der Bewerbenden, als an den Fähigkeiten, die für eine erfolgreiche Ausübung der Tätigkeit in Ihrer Organisation notwendig sind. Fragen Sie die Fachabteilung, welchen ähnlichen oder verwandten Funktionen es spannende Kandidaten geben könnte. Gut qualifizierte Kandidatinnen und Kandidaten können schnell eine sogenannte kognitive Transferleistung erbringen, also ihre Fertigkeiten in einem anderen Kontext anwenden. In welcher Firma und/oder welcher Funktion könnte ein zukünftiger Stelleninhaber relevante Erfahrungen gemacht haben? Das gibt Ihnen wertvollen Input für die verschiedene Varianten einer erfolgreichen Stellenbesetzung.

5. Ungelesene Texte im Bewerbungsdossier vermeiden

Ihre Recruitingsoftware liest den CV aus. Sie wollen eine schnelle Triage der interessanten Bewerbenden. Kandidat*innen schicken häufig noch ein klassisches Anschreiben und Arbeitszeugnisse mit. Der Text in diesen Dokumenten wird von einem elektronischen Recruiting-Tool nicht entsprechend ausgelesen. Zudem sind die verwendeten Fachtermini nicht immer deckungsgleich mit den Begriffen, die in Ihrem Betrieb oder Ihrer Branche geläufig sind. In dieser «Übersetzung» geht wichtige Information verloren.

Tipp: Setzen Sie Ihre Filter nicht zu eng. Auf der Suche nach Spezialisten und Führungskräften müssen Sie kreativ bleiben. Oft steht in den Lebensläufe wenig bis nichts zum Geschäftsumfeld der Ihnen unbekannten Arbeitgeber. Die Zeugnisse oder eine Internetrecherche bringen Klarheit.

6. Zu scharfe Selektion bremst das Tempo

Die Recruitingprozesse sind in den letzten Jahren aus Effizienzgründen standardisiert und gestrafft worden. Ressourcen werden gezielt und sparsam eingesetzt. Nach selektiver Prüfung der Unterlagen werden nur wenige Kandidat*innen in erste Gespräche eingeladen. Mit 1 bis 2 Kandidat*innen werden Zweitrundengespräche mit mehreren internen Teilnehmenden geführt und Assessments oder Probetage veranstaltet. Die Terminfindung wird auf Managementstufe besonders anspruchsvoll. Aber der Markt dreht sich weiter! Gesuchte Führungspersonen finden eine andere Stelle, ziehen sich aus dem Bewerbungsprozess zurück oder melden sich nicht mehr.

Tipp: Drücken Sie aufs Tempo und halten Sie immer Alternativen offen. Verhindern Sie aber auch, dass sich Ihre Fachabteilung zu früh auf eine/n perfekt scheinenden Bewerbende/n einschwört. Bieten Sie im Prozess laufend Alternativen an und hinterfragen Sie eine zu frühe Selektion kritisch. Reservieren Sie schon am Anfang Zeitfenster, damit Sie die Endrunde effizient über die Bühne bringen.

7. Interne Job Rotation und Zusatzaufgaben ermöglichen

Interne Job Rotations und Zusatzaufgaben sind ein starkes Sprungbrett für die eigenen Talente. Gerade technische Spezialist*innen lernen so nicht nur andere Abteilungen kennen, sondern diese auch im Prozesszusammenhang verstehen. Auch können Sie so Führungspotential oder die kognitive Transferleistung messen.

Tipp: Installieren Sie Möglichkeiten für «Job Swappings» oder «Traineeships» und erweitern Sie so laufend die Fähigkeiten Ihres firmeneigenen Talent Pools.

Zusammenfassend nochmal die wichtigsten Tipps

👉 Offerieren Sie spannenden Kandidaten Aus- und Weiterbildungen

👉 Bauen Sie Beziehungen zu den Bewerbenden auf

👉 Reduzieren Sie Ihre Liste der gesuchten Fähigkeiten auf das Maximum

👉 Rekrutieren Sie Fähigkeiten, nicht nur auf technische Fertigkeiten

👉 Lesen Sie die Full-Text-Dateien der Bewerbungen

👉 Drücken Sie aufs Tempo und halten Sie bis zum Schluss Alternativen bereit

👉 Bauen Sie das ganze Jahr an Ihrem internen Talentpool 

Die Automatisierung ist in der Personalsuche Segen und Fluch zugleich. Softwarelösungen helfen Ihnen bei Strukturierung und Bearbeitung von vielen offenen Stellen und Bewerbenden. Selektive Filter und automatisierte Vorabklärungen sollten Sie jedoch mit Bedacht anwenden und je nach Situation variabel handhaben. Es wäre schade, wenn gut qualifizierte Kandidat*innen sich frustriert abwenden, weil sie nur zu 90 Prozent auf Ihre Stelle gepasst hätten.

Dr. Irmtraud Lang ist seit mehr als 20 Jahren in der Personalsuche und -vermittlung für technische und naturwissenschaftliche Fach- und Führungskräfte auf dem Schweizer Markt tätig. Mit Beiträgen und Blogartikeln gibt sie weiter, was Sie täglich für Ihre Kunden umsetzt.

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