In einem Jahr im Zeichen der Krise, gerät die Nachfolgeplanung schnell einmal in den Hintergrund. Im letzten Jahr gab es weder Zeit noch Raum, um über die genaue Zukunft des Unternehmens nachzudenken. Umso mehr ist jetzt der Moment für die kurz- sowie langfristige Personalplanung. Dabei spielt die Nachfolgeplanung, also die Strategie, wer in Zukunft welche Position übernimmt und wie der Weg dahin aussieht, eine wichtige Rolle.
Ein Gastbeitrag von Louise Koeckhoven
Während des ersten Lockdowns, der nun über ein Jahr her ist, hatten Arbeitnehmende in der Schweiz Vorteile gegenüber ihren Kolleginnen und Kollegen in anderen Ländern. Die Schweiz bietet und bot gute Leistungen bei Arbeitslosigkeit und die Kurzarbeit hat viele Jobs gerettet. Diese kurzfristige Lösung hat vielen Unternehmen und Arbeitnehmenden geholfen, schnell auf diese unvorhersehbare Situation zu reagieren. Jetzt, ein Jahr später, ist die Situation noch praktisch die gleiche, aber die Denkweise ist eine andere. Mitarbeitende in Kurzarbeit freuen sich darauf, wieder arbeiten zu können und sich wieder nützlich und als Teil der Gesellschaft zu fühlen. Mitarbeitende von Unternehmen vermissen die angenehmen Aspekte ihrer Arbeit und streben nun nach mehr Verantwortung. Und Arbeitslose suchen nach einem neuen Job. Dementsprechend ist der Kandidatenpool mit qualifizierten Kandidatinnen und Kandidaten stark gewachsen.
Von der reaktiven zur proaktiven Personalplanung
Unternehmen stellen ihren Notfallbetrieb langsam wieder um, was entweder einen grossen Rückgang oder einen grossen Anstieg des Umsatzes oder einen Wandel in ihrer Arbeitsweise bedeutet. Das ist die Gelegenheit, um sich wieder mit der Maximierung der Effizienz und Effektivität seiner Belegschaft zu befassen. Wer macht seine Arbeit gut, und wer sind die „faulen Äpfel“ im Team? Wer sind die Talente und wie können wir diese an das Unternehmen binden?
Unter Nachfolgeplanung versteht man die Vorbereitung des Ersetzens eines Stelleninhabers durch einen anderen.
Schlüsselpositionen als Fokusbereich für die Nachfolgeplanung
Nachfolgeplanung ist vor allem für die Schlüsselpositionen in einem Unternehmen besonders wichtig. Wenn jemand in diesen Positionen die Firma verlässt oder einen mittelmässigen bis schlechten Job macht, kann das einen negativen Einfluss auf das Ergebnis des Unternehmens haben. Dies kann aufgrund der Verbindung dieser Rolle zu anderen Funktionen im Unternehmen sein, aber auch deshalb, weil spezialisierte Positionen, in denen Mitarbeitende ihr Wissen über viele Jahre hinweg aufbauen, extrem wichtig für den Erfolg des Unternehmens sein können.
Schritt 1: Definieren Sie die Schlüsselpositionen in Ihrem Unternehmen. Welche Funktionen haben den grössten Einfluss auf das Geschäft, und in welchen Funktionen würde am meisten Know-how verloren gehen, wenn der oder die Mitarbeitende die Firma verlassen würde?
Eine Matrix für Nachfolgeplanung
Nachdem die Schlüsselpositionen im Unternehmen definiert wurden, legen Sie im nächsten Schritt fest, auf welche Weise die aktuelle Leistung dieser Rollen gemessen wird. Bei der Nachfolgeplanung sind jedoch nicht nur die aktuellen Leistungen, sondern auch frühere Ergebnisse zu berücksichtigen. Durch den Vergleich der vorhergehenden und der aktuellen Resultate erfahren Sie, ob die Leistung von Personen zunimmt, abnimmt oder konstant bleibt.
Für eine solide Nachfolgeplanung ist neben der Leistung der Personen auch ihr Potenzial ein wichtiger Faktor. Sehen Sie Aufstiegspotenzial in diesen Mitarbeitenden, oder sind diese genau richtig für ihre Hierarchiestufe? Selbst letzteres muss nicht bedeuten, dass sie in ihrer jetzigen Rolle bleiben, denn auch laterale Wechsel sind möglich.
Schritt 2: Definieren Sie die Leistung und das Potenzial jeder und jedes Mitarbeitenden in einer Matrix. Stellen Sie auf der X-Achse die Leistung und auf der Y-Achse das Potenzial der jeweiligen Mitarbeitenden dar. Je nachdem, wo Sie den/die Mitarbeitende(n) platziert haben, wissen Sie, dass Sie diese Person entweder befördern, innerhalb der Rolle weiterentwickeln oder auch ein «Krisengespräch» mit ihr führen sollten. Es ist empfehlenswert, das mit mehreren Führungskräften gemeinsam zu tun, da verschiedene Personen unterschiedliche Sichtweisen auf bestimmte Mitarbeitende haben.
Szenarien und Handlungsplan
Sie haben nun die Schlüsselpositionen definiert und die Leistung und das Potenzial der Mitarbeitenden beurteilt. Jetzt können Sie beginnen, die zukünftigen Wechsel zu planen und mit dem HR und Führungskräften mögliche Szenarien auszuarbeiten. Dabei sollten Sie sowohl vorhersehbare als auch unvorhersehbare Abgänge von Mitarbeitenden in Schlüsselpositionen berücksichtigen, denn die Arbeitswelt ist im Wandel. Was würde passieren, wenn Person A das Unternehmen verlässt? Wer wäre in der Lage, diese Position zu übernehmen?
Basierend auf diesen Szenarien kann ein Handlungs- und Entwicklungsplan entworfen werden. Dieser dient dazu, die Mitarbeitenden durch Entwicklungsmöglichkeiten weiterhin zu motivieren und andere Mitarbeitende für eine mögliche Übernahme der Schlüsselposition zu qualifizieren.
Schritt 3: Gehen Sie alle vorhersehbaren und unvorhersehbaren Szenarien für Änderungen in der Belegschaft durch und entwerfen Sie einen Plan für den Fall, dass diese Szenarien eintreten.
Breit und oft planen
Der Nachfolgeplan für die Schlüsselpositionen in Ihrem Unternehmen steht? Es empfiehlt sich jedoch, diese Planung für alle Rollen im Unternehmen oder zumindest für alle Mitarbeitenden zu machen. Schliesslich will jedes Unternehmen das perfekte Team. Für jede Abteilung und jede Position gilt: Faule Äpfel sind toxisch und Talente gehen wieder, wenn diese nicht gefordert und gefördert werden.
Um Ihre Leistungsbeurteilungen zu unterstützen, sollten Sie diese Übung alle sechs Monate wiederholen, bestenfalls bevor die Mitarbeiterjahresgespräche stattfinden. Dann können Sie die Entwicklungspläne basierend auf ihrer Positionierung im Nachfolgeplan anschliessend zusammen mit den entsprechenden Mitarbeitenden besprechen und validieren.
Schritt 4: Gehen Sie die Struktur der Nachfolgeplanung für alle Mitarbeitenden und Positionen durch. Nutzen Sie die Leistungsbeurteilung, um mit den Mitarbeitenden einen Entwicklungsplan und ihre Perspektiven im Unternehmen zu besprechen und zu validieren.
Nachfolgeplanung ist unerlässlich für den Wachstum und die Stabilität von Unternehmen. Sie mindert das Risiko, wertvolles Know-how zu verlieren, und verbessert die Entwicklung und das Engagement der Mitarbeitenden und Teams. Der Prozess beginnt bei den Schlüsselpositionen, wird aber letztlich auf die ganze Organisation ausgeweitet, um ein leistungsstarkes Unternehmen zu schaffen.
Louise Koeckhoven arbeitet seit 5 Jahren in der Personalbeschaffung und Entwicklung, sie ist Strengths Coach und Content Manager und ihre Mission ist es, andere darin zu bestärken, die Extrameile zu gehen. Sie stammt aus den Niederlanden und lebt seit 3,5 Jahren in der Schweiz. Louise Koeckhoven weiss, wie man seine Schwächen bekämpft, indem man sich auf seine Stärken fokussiert, und wie man traditionelle Denkmuster durchbricht, indem man von neuen Personen und Kulturen lernt.