«Vertraue dem Misstrauen: So tickt die Arbeitswelt!» – neues Buch von Diana Roth

Vertrauen Sie Ihren Mitarbeitenden, Ihren Kolleginnen und Kollegen oder Ihren Vorgesetzten blind? Oder fahren Sie doch eher nach dem Motto: «Vertrauen ist gut, aber Kontrolle ist besser.»? Was versteht man über überhaupt unter Vertrauen? Diana Roth erzählt uns in einem Interview über ihr neues Buch «Vertraue dem Misstrauen: So tickt die Arbeitswelt!» und erklärt, warum eine gesunde Portion Skepsis für eine Vertrauenskultur nie schaden kann.

Mathias Steger: In deinem neuen Buch spielt vor allem Misstrauen eine sehr grosse Rolle. Warum gibt es in der Arbeitswelt so viel davon?

Diana Roth: Wo Sonne ist, ist auch Schatten. Und Schatten kann guttun. Misstrauen hat seine Berechtigung und ist nicht grundsätzlich «schlecht» – es gehört zum Leben und hat auch eine schützende Funktion.

Wo und wie zeigt sich Misstrauen in der Arbeitswelt?

In jedem einzelnen Arbeitsprozess und in jeder einzelnen Funktion. Es menschelt und da gehört Vertrauen und Misstrauen dazu.

Warum soll man deiner Meinung nach dem Misstrauen vertrauen?

Weil erst durch das gesunde Misstrauen echtes, förderliches Vertrauen möglich wird. Blindes Vertrauen führt immer wieder zu ungesundem Misstrauen.

Ist ein bisschen Misstrauen also auch gut und wichtig?

Genau – Misstrauen gehört zum Vertrauen und ich verwehre mich gegen die Quantifizierung «bisschen». Das ist wie ein «bisschen» Frieden. Entweder ich vertraue meinem Chef oder nicht. Ich kann aber jemandem im fachlichen trauen und im persönlichen misstrauen – auch diese Differenzierung ist möglich.

Geht das Misstrauen eher von den Chefs, von den Kunden oder mehr von den Mitarbeitern aus? Oder von allen Seiten?

Misstrauen lauert überall. Genau wie Vertrauen. Nur: Darüber spricht man nicht bzw. man schweigt das Misstrauen tot. Es ist ähnlich wie der Tod. Ein Tabuthema. Egal, mit wem ich spreche, jeder proklamiert, dass er vertraut. Ich erlebe es jedoch ganz anders.

Du kannst jedoch deine Gedanken, Gefühle und dein Handeln so anleiten, dass du schlussendlich die Ergebnisse erhältst, mit denen du umgehen kannst. Das ist eine enorme Macht, die es sich lohnt zu erarbeiten, und dafür steht mein Buch.

Wie gelingt es, im Unternehmen mehr Vertrauen aufzubauen?

Das ist ein längerer Prozess. Eine Vertrauenskultur kann man nicht an einem Tag aufbauen.

Vertrauen zu schaffen, ist ein sorgsamer Prozess, der immer wieder reflektiert, korrigiert und vor allem gelebt werden muss. Dabei musst folgendes beachtet werden:

  • Vertrauen braucht oftmals Zeit und Vertrauen kann nicht angeordnet werden.
  • Vertrauen ist ganzheitlich. Das heisst, es muss in jedem Prozess integriert sein.
  • Vertrauen ist kein Selbstläufer – es muss immer wieder thematisiert und ausgelotet werden.
  • Es bedarf einer gesunden Fehlerkultur bzw. einer offenen Kommunikationskultur und einer neutralen, externen und spezialisierten Person, die diesen Prozess sanft anleitet, vermittelt und auch aneckend agieren kann. Die sollte nicht Aufgabe der Personalabteilung sein.

Ist Vertrauen/Misstrauen auch eine Frage des Führungsstils?

Die Führungskraft kann in der eigenen Abteilung mit ihrem Führungsstil Vertrauen aufbauen und sorgfältig pflegen oder innert Sekunden kaputt machen. Die Führungskraft kann der Schlüssel sein. Ein Grund mehr, die Kaderstellen besonders auch nach der Sozialkompetenz statt nur nach der Fachkompetenz zu besetzen. Aber auch der Mitarbeiter, der im Znüni über den Chef herzieht, muss sich nicht wundern, wenn er Stunden später im Mitarbeitergespräch kein Vertrauen spürt. Auch ohne dabei gewesen zu sein, kann der Chef eine solche Haltung in einem Gespräch spüren.

Heutzutage gibt es immer mehr Organisationen mit flacheren Hierarchien. Bedeutet das nicht, dass das Vertrauen zunimmt?

Kann – muss aber nicht. Auch hier möchte ich meinen: Nur weil ein Unternehmen flache Hierarchien und ein modernes Führungsmanagement eingeführt hat, verschwindet Misstrauen nicht einfach so. Das Ganze ist ein Prozess. Insbesondere bei Unternehmen, die jetzt plötzlich dazu gewechselt haben, benötigt es eine sorgsame Anleitung. Übrigens: Misstrauen schlummert auch in der Basis.

Das Buch trägt den Titel «Vertraue dem Misstrauen: So tickt die Arbeitswelt!». Kannst du mit ein paar Worten zusammenfassen, wie die Arbeitswelt in der Schweiz wirklich tickt?

Corona zeigt es, gerade wie die Arbeitswelt tickt. Corona ist eine Lupe. Bei der einen Firma stehen noch die Mitarbeitenden im Vordergrund und bei der anderen Firma bereits nur noch der betriebswirtschaftliche Gedanke. Ich kann nicht sagen, wie die Arbeitswelt in der Schweiz tickt. Ich kann nur sagen, wie meine HR-Kollegen und ich die Arbeitswelt zunehmend wahrnehmen. Sie ist bunt und hat alle Schattierungen.

Ein Kapitel widmet sich dem Thema Vertrauen bei Bewerbern und Mitarbeitern. Welche Art von Vertrauen braucht es im Rekrutierungsprozess?

Für die Bewerber ist es wichtig, dass auch wirklich vertrauenswürdig mit den Unterlagen umgegangen wird, dass man die Stelle und das Unternehmen möglichst realistisch skizziert bekommt und dass ehrliche Rückmeldungen bei Absagen gegeben werden, mit denen man als Bewerber etwas anfangen kann. Die Unternehmen brauchen von den Bewerbern ehrliche Antworten, echte Unterlagen und auch ehrliche Feedbacks am Ende des Bewerbungsprozesses, mit denen man als Firma wirklich was ändern kann. Und dazu zählt nicht, einfach im Kununu einen Eintrag zu machen.

Wie gelingt es Mitarbeitenden mehr zu vertrauen?

Als Personalerin hört man immer wieder Dinge wie: «Ich vertraue meinem Chef nicht, aber ich will, dass er mir vertraut und erst dann kann ich ihm vertrauen.» Das kann nicht funktionieren. Erstellt eure eigenen Regeln und lebt, was ihr euch wünscht.

Du hast bereits mehrere Fachbücher verfasst. Was möchtest du mit diesem neuen Werk erreichen?

In diesem Buch kann jeder sein eigenes Vertrauenscredo erarbeiten und dies Schritt für Schritt. Und das wäre für mich das Schönste: Tausende von Arbeitnehmern/Vorgesetzten, die durch das Buch ihre persönliche Vertrauens-Guideline erarbeiten und diese auch leben. Ich wünsche mir auch, dass viele Unternehmen das Thema nicht nur als ein Wort im Leitbild oder auf ihrer schönen Homepage deklarieren, sondern auch angehen. Und nochmals: Corona zeigt es jetzt sehr schön auf, wie gut die Vertrauenskultur ist und das sind ganz sicher die Firmen, die diese Krise überleben.

Misstrauen lauert überall. Genau wie Vertrauen. Nur: Darüber spricht man nicht bzw. man schweigt das Misstrauen tot.

Welche Zielgruppe möchtest du spezifisch ansprechen?

Menschen im Arbeitsleben. Vom Lernenden bis zum Verwaltungsrat. Alle sind auch hier mit Beispielen genannt. Jeder einzelne kann den Unterschied ausmachen. Und das Arbeitsleben wird mehr und mehr zu einem Spiegelkabinett 

Kannst du abschliessend in wenigen Sätzen zusammenfassen, was für dich die wichtigsten Aussagen von diesem Buch sind?

Definiere für dich die Worte: Vertrauen und Misstrauen. Erarbeite deine eigene Guideline und lebe sie – dann tickt die Arbeitswelt so, dass du sie verstehst und entsprechend handeln kannst.  Du kannst deine Situation im Job im Moment nicht ändern? Du kannst jedoch deine Gedanken, Gefühle und dein Handeln so anleiten, dass du schlussendlich die Ergebnisse erhältst, mit denen du umgehen kannst. Das ist eine enorme Macht, die es sich lohnt zu erarbeiten, und dafür steht mein Buch.

Buch zugewinnen

Haben wir Ihr Interesse an diesem Sachbuch geweckt? Kommentieren Sie dazu im Kommentarfeld, wie Sie es mit Vertrauen und Misstrauen halten. Unter allen Teilnehmenden verlosen wir 3 Exemplare des Buchs «Vertraue dem Misstrauen: So tickt die Arbeitswelt!» (erschienen im BusinessVillage Verlag) von Diana Roth. Teilnahmeschluss ist der 1. März 2021.

Diana Roth ist seit 2003 als selbstständiger HRM-Coach tätig. Zudem ist sie HR-Dozentin, -Prüfungsexpertin, -Fachbuchautorin und hat seit 2017 ihren eigenen HR-Podcast »Abenteuer HRM» .Mit ihrer langjährigen Berufserfahrung unterstützt sie überwiegend Führungskräfte und Personalverantwortliche in KMU. Mehr auf www.dianarothcoaching.com. 

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