Seit ihrer Erfindung finden Chatbots in verschiedensten Bereichen Anwendung. Wir wollten in Erfahrung bringen, ob und wie sie in der Rekrutierung und im HR eingesetzt werden, und haben Pascal Rosenberger, einen der beiden Gründer des Chatbot-Start-ups Eggheads.ai, gefragt, welche Anwendungsfälle besonders spannend sind.
Mathias Steger: Was ist dein Bezug zu Chatbots?
Pascal Rosenberger: Unser Start-up hat als erstes Produkt einen «TripAdvisor» für Weiterbildungen gestartet. Weil das Finden eines passenden Kurses viel Beratung erfordert, wollten wir einen Teil davon mit einem digitalen Kursberater in Form eines Chatbots automatisieren. Dies war der erste Chatbot, den wir realisiert haben. Vor zwei Jahren ging dieser Chatbot live und hat uns gezeigt, dass Chatbots für ausgezeichnetes Engagement sorgen und sich Unternehmen brennend dafür interessieren. Darum haben wir uns im Thema weiter spezialisiert und unser zweites Produkt entwickelt, eine Chatbot-Plattform für die Wissensvermittlung.
Was sind Chatbots eigentlich genau?
Im Prinzip ist ein Chatbot nichts anderes als ein Stück Software wie eine App. Speziell daran ist, dass sie in Form einer Konversation funktioniert – im Prinzip eigentlich wie ein Chat auf WhatsApp einfach mit einem Computer.
Funktionieren Chatbots mit KI?
Chatbots können zwar mit künstlicher Intelligenz funktionieren, aber das ist nicht immer nötig. Oft sind diesbezüglich die Erwartungen zu hoch bzw. wird der Aufwand unterschätzt. Das System für einen Chatbot mit KI muss erst von einem Menschen trainiert und entwickelt werden, damit die Antworten genauer werden können und weniger Fehler auftreten.
Was sind die Vorteile und Nachteile von Chatbots?
Wenn es darum geht, eine Beziehung zu einem Teil digital zu führen und zu automatisieren, drängen sich Chatbots auf. Eine besondere Stärke haben sie in der Wissensvermittlung. Sie sind einfach zu bedienen, mobil und interaktiv, um Informationen zu verbreiten, ohne dass eine neue App dafür notwendig wäre. Für umfassende Erklärungen oder wenn der menschliche Kontakt im Vordergrund steht, eignen sie sich weniger.
Mit den Chatbots verlieren Recruiter weniger Zeit mit repetitiven Aufgaben und können sich bei der Rekrutierung viel stärker darauf konzentrieren, wo es sie als Menschen braucht.
Wo werden Chatbots heutzutage eingesetzt?
Der grosse Boom war vor ungefähr vier Jahren, als alle anfingen, zu experimentieren. Die typischen Anwendungsbereiche finden sich heute im Customer-Care-Bereich und im Marketing. Dabei handelt es sich um Chatbots, die Fragen von Kunden beantworten oder Leads generieren. Heute kommen Chatbots vermehrt auch im HR und anderen Bereichen vor.
Wie siehst du die Entwicklung von Chatbots in der Schweiz allgemein und in Bezug auf die Rekrutierung?
Das Potenzial beim Recruiting sehe ich vor allem in zwei Themenbereichen: Automatisierung und Positionierung. Einerseits werden durch die Automatisierung Prozesse optimiert wie z.B. die Kommunikation mit den Bewerbern, Terminvereinbarungen usw. Andererseits kann sich das Unternehmen durch den Einsatz von Chatbots als innovativer und attraktiver Arbeitgeber positionieren und so am Employer Brand arbeiten. So kann zum Beispiel die Unternehmenskultur bereits in einem Chat an die Bewerbenden vermittelt werden.
Welche Chatbot-Lösungen bietet ihr für das HR an?
Wir setzen mit unserem Start-up vor allem da an, wo es ein Arbeitsverhältnis bereits gibt, also z.B. beim Onboarding von neuen Mitarbeitenden. So können mit Chatbots neue Mitarbeitende trainiert werden und das Onboarding wird vereinfacht. Wer neu bei einem Unternehmen zu arbeiten beginnt, bekommt häppchenweise vordefinierte Lerninhalte, um sich möglichst rasch am neuen Arbeitsort zurecht zu finden und die erwartete Leistung zu liefern.
Das Unternehmen kann sich durch den Einsatz von Chatbots als innovativer und attraktiver Arbeitgeber positionieren und so am Employer Brand arbeiten.
Besteht dabei nicht ein Risiko, dass der menschliche Kontakt im Rekrutierungsprozess verloren geht?
Die Diskussion kommt immer wieder auf. Erfolgreich werden diejenigen sein, welche die Technik und den Menschen gut miteinander kombinieren. Mit den Chatbots verlieren Recruiter weniger Zeit mit repetitiven und eher langweiligen Aufgaben und können sich bei der Rekrutierung viel stärker darauf konzentrieren, wo es sie als Menschen braucht.
Was benötigt es, um Chatbots in einem Unternehmen einzurichten?
Als erstes muss definiert werden, wozu es diesen Chatbot überhaupt braucht. Chatbots müssen einen klaren Mehrwert für den User und das Unternehmen darstellen. Als nächstes stellen sich die Fragen, welches Themengebiet der Chatbot genau abdecken soll, wie die Konversation gestaltet, er technisch umgesetzt und danach bekannt gemacht wird. Bei ambitionierten Projekten mit KI und Systemintegrationen kann ein neuer Chatbot zu einem komplexen IT-Projekt heranwachsen, bei einem einfachen Chatbot ist die Sache unkomplizierter.
Bei welchen Unternehmen lohnt sich der Einsatz von Chatbots ganz besonders?
Das kommt auf den Use Case an: Einfache Chatbots haben bereits für kleine Unternehmen einen Nutzen, dort lohnen sich z.B. Bots zur Terminvereinbarung. Sobald Unternehmen gross genug sind, um Prozesse oder Inhalte zu standardisieren und zu automatisieren, werden Chatbots besonders spannend. Das sind in der Regel mittlere bis grössere Unternehmen.
Pascal Rosenberger ist Experte für digitale Kommunikation, Mitgründer und Co-Geschäftsführer von eggheads.ai, einem Schweizer Startup, das Chatbots for die Wissensvermittlung ermöglicht. Zudem bloggt er auf Botsblitz.com über Chatbots, Voicebots und digitale Assistenten.