Die Home-Office-Zeit geht aufgrund der aktuellen Lage weiter. Die Füsse auf dem Tisch, in Trainerhosen und kaffeeschlürfend vor dem Laptop… In den Medien begegnet man zurzeit vielen Informationen und Tipps bezüglich Mitarbeitenden im Home Office. Doch wie kann ich als Vorgesetzter bzw. Arbeitgeber die Mitarbeitenden (weiterhin) motivieren und die Leistung möglichst hochhalten?
Ein Gastbeitrag von Sandro Pisaneschi
Ganz am Anfang steht die Frage, ob von Seiten des Arbeitgebers die Arbeit zuhause quasi unter Zwang geschaffen wurde oder ob die Möglichkeit zu Home Office schon länger im Unternehmen verankert ist. Oft stelle ich fest, dass sich Arbeitnehmende, welche diese Arbeitsform bereits kennen, sehr schnell einleben und organisieren. Jedoch ist auch die aktuelle Situation für Homeoffice-Profis neu. Auf einmal ist die Familie auch da. Kinder sind laut und die Situation ist für alle herausfordernd. Und die Arbeit im Home Office zieht sich über Wochen, wenn nicht sogar Monate. Die Chefs verlangen Leistung und vor allem in Firmen, welche diese Form der Zusammenarbeit erst jetzt aufgrund der Krise möglichst rasch einführen, werden viele Vorurteile vorhanden sein. Darum neigen Unternehmen trotz (neuer) agiler Arbeitsformen dazu, ein striktes Regelwerk zu implementieren.
Vertrauen als Basis für erfolgreiches Home Office
«Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser.», heisst es immer wieder. Aber braucht es für Home Office wirklich ganz viele Verbote und Regelungen? Gerade jetzt in der aktuellen Situation der Virus-Krise, vor einer Rezession? Ist Ihnen als Führungskraft/Arbeitgeber bewusst, was Ihre Mitarbeitenden aktuell beschäftigt? Haben Sie mit Ihrem Team über deren Befürchtungen und Zweifel gesprochen? Was würden Sie sich in dieser Situation mit Mehrfachherausforderungen von Ihren Vorgesetzten wünschen? Es kann helfen, sich in die Lage der Mitarbeitenden zu versetzen, um deren Bedürfnisse betreffend Home Office besser verstehen zu können.
Die Flexible Working Studie 2017 der Universität Wien zeigt auf, das Vertrauen der Schlüssel zu flexiblen Arbeitsmodellen ist. Die vertrauensorientierte Unternehmenskultur ist die Basis für erfolgreiche neue Modelle und zahlt sich sowohl für Mitarbeitende als auch das Unternehmen aus. Im Weiteren schaffen die Kommunikation von Erwartungen an die Anwesenheit und Erreichbarkeit Verbindlichkeiten und Klarheit für beide Seiten.
Regelmässiger Austausch ist wichtig
Je länger Mitarbeitende im Homeoffice isoliert sind, desto wichtiger sind die Anbindung und der Austausch mit dem Unternehmen. Auf sozialen Business-Netzwerken findet derzeit ein reger Erfahrungsaustausch statt. Es zeigt sich einmal mehr, dass sich Menschen vor allem in ungewissen Situationen Interaktion mit ihresgleichen wünschen. In den letzten Tagen habe ich festgestellt, dass sich Kunden und Klienten freuen, wenn ich diese einfach mal so für ein kurzes Gespräch anrufe. Der Mensch fühlt sich gerne zugehörig. Es ist für Führungspersonen ein sehr gutes Werkzeug, den Austausch mit den Teammitgliedern zu pflegen – jedoch ohne den Eindruck zu erwecken, man möchte die Mitarbeitenden bloss kontrollieren. Bei wenig versierten Firmen kann das einfach per Telefon geschehen oder über Videokommunikation wie Skype, Zoom und anderen. Wichtig dabei ist es, dass auch nach dem persönlichen Befinden gefragt wird. Normalerweise passieren solche Gespräche am Kaffeeautomaten ganz ungezwungen. Bei Homeoffice muss es bewusst inszeniert werden. Diese Art Kommunikation ist, um es einfach auszudrücken, absolut notwendig.
Flexibilität und Verständnis für Mitarbeitende im Home Office
Die aktuelle Situation erfordert es aber auch, in Bezug auf die Leistung der Mitarbeitenden etwas Flexibilität walten zu lassen. Mal eben die Wäsche in den Tumbler legen, einen kurzen Einkauf im Laden um die Ecke oder eine Kaffeepause auf dem Balkon sollten erlaubt sein. Ausserdem können die Kinder zu Hause die Tätigkeit im Home Office beeinträchtigen und vielleicht auch mal bei einem Video-Meeting stören – auch hier sollte Verständnis ausgebracht werden. Ihre Mitarbeitenden werden es Ihnen danken und dafür auch mal später am Abend oder früher am Morgen für das Unternehmen da sein. Die Universität Basel veröffentlichte 2017 in der Studie über Vertrauensarbeitszeit Ergebnisse, welche aufzeigten, dass Angestellte ohne genaue Kontrolle ihrer Arbeitszeiten mehr Arbeitseinsatz zeigten, nämlich im Durchschnitt 80 Minuten pro Woche mehr als Angestellte mit festen Arbeitszeiten. Machen Sie Ihren Mitarbeitenden aber auch bewusst, dass sie sich an gewisse Ruhezeiten halten sollen und im Home Office nicht überarbeiten.
Nicht unerwähnt bleiben darf an dieser Stelle, dass Vorgesetzte vor allem Mitarbeitenden ,für welche diese Situation neu ist, Tipps für das «Leben im Homeoffice» mitgeben sollten, sonst besteht die Gefahr, dass die Grenzen zwischen Arbeit und Privatleben zu fest verschwimmen. Hier finden Sie einige einfache Tipps für Ihre Mitarbeitenden: https://www.jobs.ch/de/job-coach/home-office-aufgrund-von-corona-was-du-beachten-solltest/
Ein positives Arbeitsumfeld, Abwechslung in der Arbeit, klare und transparente Zielsetzungen, ein Sinn in der Tätigkeit, Anreize sowie Autonomie und Flexibilität fördern die intrinsische Motivation von Mitarbeitenden. Hinzu kommt die Berücksichtigung der individuellen Bedürfnisse der Mitarbeitenden in emotionaler Hinsicht und realistischer Machbarkeit der Aufgaben. So kann Motivation gelingen und das Homeoffice eventuell als bereichernde Arbeitsform auch nach der Krise für Ausgleich und Leistung sorgen.
Sandro Pisaneschi ist Inhaber von beratungsbuffet.ch. Er begleitet Menschen in Veränderungssituationen und führt Outplacements mit Personen über 50 Jahre durch. Er berät Führungspersonen und Firmen in den Bereichen der Mitarbeiter- und Organisationsentwicklung.