Prognosen sind stets eine heikle Sache. In den letzten Jahren hat sich das Stelleninserat allerdings deutlich verändert – und die Dynamik der Entwicklungen lässt vorsichtig in die nahe Zukunft blicken. So verfestigen sich drei Trends beim Stelleninserat, die die Rekrutierung vor neue Herausforderungen stellen.
Ein Gastbeitrag von Ivo Hajnal
Trend 1: die Selbstdarstellung reduzieren
Das klassische Stelleninserat der 1990er und 2000er Jahre stellte das inserierende Unternehmen jeweils wortreich vor: „Wir sind eines der weltweit führenden Unternehmen im Bereich XY. Durch innovative, bedürfnisgerechte und massgeschneiderte Dienstleistungen ist es unser Ziel, unsere anspruchsvollen Kunden aus den Bereichen XY zufriedenzustellen …“. Diese unternehmenszentrierte Ansprache hat in modernen Stelleninseraten zu Recht abgenommen. Denn erstens kann heute jeder Interessierte auf dem Web ein vollständiges Bild des Unternehmens gewinnen. Und zweitens gilt ein Motto aus der Werbung: Die im Inserat angeführten Informationen sollten nicht aus der „wir-Perspektive“, sondern stets aus der Perspektive der Kandidaten ausgewählt sein. Also reicht seitens des Unternehmens ein kurzer, selbstbewusster Vorstellungssatz.
Trend 2: die Anforderungen knapp, aber sinnvoll aufzählen
Es ist unübersehbar: Im Stelleninserat haben die Aufzählungen in Stichworten und Bulletpoints die Oberhand gewonnen. Dies hat Vor‑ und Nachteile. Einerseits werden die Profile der Stelle und der Anforderungen übersichtlich – was gerade den zahlreichen Lesern auf mobilen Endgeräten das Verständnis erleichtert. Andererseits besteht die Versuchung, die einzelnen Bulletpoints mit überlangen Wortketten aus schwer verständlichen Abstrakta (etwa „‑ung-Wörtern“) zu überfrachten. Zudem gelingt es nicht allen Inserenten, die Bulletpoints in eine stimmige Abfolge zu bringen. Konkret: Steht beispielsweise „• Weiterbildung im Bereich XY“ vor „• Langjährige Berufserfahrung“, muss dies den Kandidaten signalisieren, dass im Falle einer engen Entscheidung die Weiterbildung mehr zählt als die Berufserfahrung.
Im Rahmen der JobCloud Market Insights hat JobCloud untersucht, was die meistverwendeten Wörter in Stelleninseraten sind und festgestellt, dass es noch grosses Entwicklungspotenzial gibt.
Trend 3: die richtigen Werte ansprechen
Ein Grossteil der Kandidaten gehört heute der Generation Y bzw. den so genannten „Millenials“ an. Wie Studien längst bewiesen haben, steht vor allem diese Generation für einen Wertewandel. Wichtig sind heute im Berufsleben Entwicklungsmöglichkeiten, Spass an den Aufgaben und Selbstverwirklichung. Moderne Stelleninserate müssen diese Werte aufnehmen und im Jobprofil unterbringen. Wer Stellen immer noch mit Hilfe alter Vorlagen nach dem Copy&Paste-Prinzip ausschreibt, läuft also Gefahr, am Zielpublikum vorbeizuschreiben.
Alle drei Trends weisen in dieselbe Richtung: Das Human Centered Design – das konsequente Berücksichtigen der Nutzerbedürfnisse – macht vor dem Stelleninserat nicht halt.
Was zeichnet ein gutes Stelleninserat aus?
Ivo Hajnal ist Sprachwissenschaftler und Stiftungspräsident bei der Schweizerischen Textakademie. Er ist Experte für Unternehmenskommunikation und hat bei JobCloud bereits mehrere Workshops zum Thema Stelleninserate gehalten.