Digitalisierung ist nicht nur für grosse Unternehmen wichtig, auch KMU müssen mit der Digitalisierung Schritt halten – auch im HR-Bereich. German Ramirez, Gründer und Managing Partner von Spark & Strategy Ltd., erklärte am Impulsreferat «Rezept in 3 Gängen: Digitalisierung im HR-Bereich», warum Digital nicht gleich besser ist und welche Szenarien auf uns zukommen werden – und das auf direkte, aber charmante Art.
Im Video erklärt German Ramirez, wie sich der Arbeitsmarkt und dessen Anforderungen ändern werden, was das für das Employer Branding bedeutet und wie man auf die Unternehmenskultur Einfluss nehmen kann.
«Rezept in 3 Gängen: Digitalisierung im HR-Bereich» from JobCloud AG on Vimeo.
Teenies mit klebrigen Glacehänden, einkaufende Mütter mit ihren Kindern im Schlepptau und gestresste Geschäftsleute, die gerade vom Sihlcity durch die Kalandergasse Richtung Tramhaltestelle laufen. Mittendrin stehe ich und bahne mir den Weg zum Hotel Four Points by Sheraton. Gerade noch rechtzeitig komme ich im vierten Stock an, um das Impulsreferat «Rezept in 3 Gängen: Digitalisierung im HR-Bereich» anzuhören. Ich stecke mir mein Namensschild an und gehe in den Konferenzraum.
Die meisten Teilnehmenden sind schon da und tippen noch die letzten Zeilen in ihren Mails, geredet wird nur im Flüsterton. Man wartet gespannt auf den Speaker: German Ramirez. Als ich mir ein Glas Wasser einschenke, hat es gefühlt die Lautstärke eines Wasserfalls. Und dann tritt er ein, gross mit blauem Jackett und Weste, mit weissem Hemd und passenden Hosen – und nicht zu vergessen sein Markenzeichen: der Kinnbart.
«Fällt Ihnen auch auf, dass bei solchen Anlässen die vorderste Reihe immer leer ist?», fragt er mit breitem Lächeln in die Runde. «Komisch, nicht wahr? Ah und bitte fühlen Sie sich nicht angegriffen, wenn ich während meinem Vortrag fluche. Studien haben bewiesen, dass Leute, die fluchen, vertrauenswürdiger sind – und nichts ist heutzutage wichtiger als Vertrauen.» Die Worte zeigen Wirkung, denn spätestens jetzt ist das Eis gebrochen und auch die letzten Zuhörer haben das Handy weggelegt – und German fängt an, sein Rezept für die Digitalisierung im HR-Bereich auseinanderzufalten.
Warum behandeln wir unsere Kandidaten nicht wie unsere Kunden?
Von Change, Transformation, Raupen und Schmetterlingen in Unternehmen
«Heisst digital auch gleichzeitig besser?», fragt German erwartungsvoll in die Runde. Die Antwort gibt er gleich selbst: «Ganz klar nein. Denn wenn Sie einen Scheiss-Prozess digitalisieren, wird aus dem Scheiss-Prozess einfach ein digitaler Scheiss-Prozess.» Man brauche auch nicht Change, wenn es um die Digitalisierung im HR gehe, sondern Transformation – hier stellt German auch gleich klar, dass Transformation und Change zwei unterschiedliche Dinge sind. «Wenn ich einer Raupe Flügel anklebe, habe ich noch lange keinen Schmetterling. Eine Raupe wird erst durch Transformation – die Metamorphose – zum Schmetterling», sagt German.
Customer Centricity ein Muss und Blended Workforce bald Realität?
Man müsse die Kandidaten als Kunden sehen – und sie entsprechend behandeln. «Kunden bekommen eine 24/7 Hotline für Fragen, Kandidaten manchmal nicht mal nach zwei Mal Nachfragen eine Antwort», erklärt er, «warum behandeln wir unsere Kandidaten nicht wie unsere Kunden?» Kandidaten erinnerten sich an schlechte Erfahrungen beim Bewerbungsprozess. Da müsse man auch nicht jammern, wenn die Bewerbungen der passenden Talente ausblieben. Doch um wahre Transformation zu erreichen müssten sich die Organigramme ändern – weg von einer Organisation nach Porter zu einer Organisation nach Projektteams. Doch wie sollte man das Unternehmen strukturieren, wenn es all die Abteilungen nicht mehr gäbe? Oder wenn es keine festen Mitarbeiter mehr gäbe, weil alle Mitarbeitenden einer Organisation als Freelancer beschäftigt sind? Blended Workforce nenne sich das und werde 2020 bereits 40% von Arbeitnehmern ausmachen. Eingestellt würden die Freelancer dann direkt von der Linie, sagt er, «da stellt sich die Frage, wofür das HR dann überhaupt noch benötigt wird.»
Ich kenne zwar eure Karriereseiten nicht, aber trotzdem habe ich sie gefühlt schon alle gelesen.
«Man muss als Bewerber spüren, wie es sich anfühlt, bei euch zu arbeiten»
Einmal sei German von einem Unternehmen engagiert worden, um zu schauen, warum sich auch nach grossen Bemühungen die Unternehmenskultur noch nicht gewandelt hätte. «Sie haben extra einen Sitzungsraum umgebaut. Mit Kunstrasen, Loungesesseln, italienischer Kaffeemaschine und einem Tischfussballtisch in der Mitte, so richtig Google-mässig», erzählt German, «doch die Firmenkultur ist keine Frage vom Kicker!» Firmenkultur sei eine Frage der Menschen, die dort arbeiteten und wie gut sie zusammenpassten. «Man muss als Bewerber spüren, wie es sich anfühlt, bei euch zu arbeiten. Dieses Gefühl zu transportieren ist wichtiger, als die immergleichen Messages der Karriereseiten runterzubeten», sagt er. Man vergesse schnell, dass es darum gehe, das Unternehmen erlebbar zu machen. Dafür brauche es mehr als Karriereseiten mit den immergleichen Botschaften: «Ich kenne zwar eure Karriereseiten nicht, aber trotzdem habe ich sie gefühlt schon alle gelesen.»
Und damit endet auch der Vortrag von German. Wer nun genauer wissen will, was konkret im HR getan werden kann, hat die Möglichkeit, am 21.6.2018 am Tagesworkshop «Rezept in 3 Gängen: Digitalisierung im HR-Bereich» teilzunehmen.
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