Doris Dinkel und das Glück im Spiel

Die Röntgenattacke von Doktor Jolanda war gerade mal 20 Stunden her und Doris hatte das Gespräch noch nicht ganz verdaut. Sie sass am Laptop und versuchte eine möglichst freundliche Absage zu verfassen, als eine neue E-Mail ihren Bildschirm in Beschlag nahm. Der Absender war ein gewisser Thomas Mosbacher. „Ach Herr Mosbacher…“, seufzte Doris in Gedanken, „wenn sie nur wüssten, wie froh ich bin, dass sie mir Meerkat gezeigt haben“. Doris hatte Herrn Mosbacher beim virtuellen Firmenrundgang von Selon kennengelernt. Die Plattform Meerkat hatte Doris vor dem Rundgang noch nicht gekannt und war seither begeistert davon. Gespannt öffnete sie die E-Mail:
Doris Dinkel und das Glueck im Spiel

Sehr geehrte Frau Dinkel
Besten Dank für Ihre Teilnahme am virtuellen Firmenrundgang. Sie haben uns ja bereits Ihr Interesse per E-Mail mitgeteilt. Auch wir sind sehr interessiert an Ihnen. Vor allem nach dem spannendem Rundgang, an dem Sie einige sehr gut überlegte Fragen gestellt hatten.
Gerne lade ich Sie für morgen um 16 Uhr zu einem persönlichen Gespräch bei uns ein. Bitte bestätigen Sie mir den Termin, falls Sie ihn wahrnehmen möchten.
Freundliche Grüsse und hoffentlich bis morgen
Thomas Mosbacher
Doris grinste, drückte auf „Antworten“ und sagte dem Treffen zu. Der nächste Tag kam schnell und Doris fand sich zehn Minuten vor Gesprächsbeginn bei der Selon ein. Thomas Mosbacher stand bereits am Empfang und unterhielt sich mit dem jungen Herrn, der dort hinter einem riesigen Apple Bildschirm sass. Freudig kam er auf sie zu: „Sie müssen Doris Dinkel sein. Ich bin Thomas Mosbacher. Wenn’s Ihnen nichts ausmacht, biete ich Ihnen gleich das Du an.“ Doris strahlte über das ganze Gesicht. „Gerne Thomas. Ich bin Doris, aber das weisst du ja schon“, antwortete sie. Doris erkannte die aussergewöhnliche Architektur des Gebäudes wieder. Modern, hell und zugänglich. Thomas führte sie in den ersten Stock, sie betraten die Galerie und bogen in ein Zimmer mit gläsernen Wänden ein. Sofort fiel ihr ein Kartenset auf, das auf dem klassischen, grauen USM Tisch in der Zimmermitte lag. Daneben lagen Post-its und Stifte. Die beiden setzten sich einander gegenüber. „So“, begann er, „wie du vielleicht schon bemerkt hast, haben wir einen sehr familiären Umgang miteinander. Und genauso führen wir auch unsere Bewerbungsgespräche.“ Thomas griff nach dem Kartenset auf dem Tisch. „Ich werde dir nicht die üblichen Bewerbungsfragen stellen. Wir spielen stattdessen ein Kartenspiel“, erklärte er, während er die Karten aus der Verpackung holte und in seiner Hand auffächerte. Er hielt Doris den Fächer hin. „Zieh drei Karten und leg sie verdeckt vor dich hin“, forderte er Doris auf. Das tat sie. „Nun kannst du eine davon umdrehen und die Übung machen, die drauf steht“, erklärte Thomas. Doris deckte die Karte in der Mitte auf und las:

TABU

Was ist Ihnen das Wichtigste an einem Job? Überlegen Sie sich ein Wort und schreiben Sie es auf einen Zettel, den Sie niemandem zeigen. Und nun beschreiben Sie Ihrem Gegenüber das Wort, ohne dieses zu nennen.

„Also Thomas, ich beschreibe dir jetzt ein Wort und du musst erraten, welches es ist“, erklärte Doris, während sie nach Papier und Stift griff. Sie schrieb das Wort „Arbeitsinhalt“ auf das Post-it und legte es verdeckt vor sich hin. „Mir ist in meiner beruflichen Tätigkeit am wichtigsten, dass die Sachen, die ich mache, mich fordern, spannend sind und dass ich auch…“, „Aufgabenbereich!“, platze Thomas heraus. „Nicht ganz“, sagte Doris, „aber in diese Richtung. Also, das gesuchte Wort besteht aus zwei Wörtern. Das erste ist ein anderer Ausdruck für berufliche Tätigkeit.“ Thomas überlegte kurz: „Job, Arbeit, B…“, „Stopp, das zweite Wort ist der erste Teil des gesuchten Wortes. Und der zweite Teil ist etwas, das beschreibt, was beispielsweise in einem Buch drin ist. Oder in irgendeiner Packung. Es beschreibt alle Sachen, die irgendwo drin sind“, erklärte Doris und musste lachen. Thomas war voll konzentriert: „Ähm… Füllung, hmm in etwas drin sein… Aha!“, sagte er plötzlich entschlossen, „Inhalt. Der Arbeitsinhalt ist dir am wichtigsten im Beruf!“. „Ja genau, das ging ja echt schnell“, sagte Doris stolz. Auch Thomas war zufrieden: „Aber nur, weil deine Beschreibung genial war. Alles, was irgendwo drin ist“, zitierte er Doris und lachte laut auf. „Danke Doris, das war sehr gut. Du bist gut auf mich eingegangen und hast gemerkt, welche Hinweise mir fehlten. Du kannst nun die zweite Karte aufdecken.“ Doris deckte die zweite Karte auf und nachdem sie auch dieses Spiel gemeistert hatten, deckte sie noch die dritte auf.
Nach dem Treffen wartete Doris mit einem Lächeln aufs Tram. Die Art und Weise des Gesprächs hatten ihr sehr zugesagt. Hinter jedem Spiel konnte sie einen Sinn erkennen, denn Thomas erklärte ihr immer, welche Schlüsse er zog. Doris hoffte auf eine Zusage – und die Kabelfirma Bentex hatte tatsächlich noch echte Konkurrenz bekommen.
Vorstellungsgespräche sind eine Wissenschaft für sich. Leider gibt es kein sicheres Rezept, um die passenden Kandidaten herauszufiltern. Eines ist aber sicher: Standardfragen funktionieren nicht. Die Bewerber kennen diese und beantworten alle gleich. Es braucht neue Ansätze. Ein Spiel, eine Aufgabenstellung oder ungewöhnliche Fragen: Je nach Unternehmen und dessen Bedürfnissen. Versucht es mal.
Christoph Jordi ist Gründer und CEO von DoD!fferent und schreibt hier einmal pro Monat als Gastautor. DoD!fferent bietet agile Strategieberatung mit Fokus auf Employer Branding. Jordi doziert zudem am Schweizerischen Institut für Betriebsökonomie und führt dort den Cert. Employer Branding Expert Lehrgang durch.

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