Doris Dinkel und die authentische Kabelfirma

Doris hatte sich das Bewerbungsgespräch mit den rauchenden Kollegen der Reifel Group nochmals durch den Kopf gehen lassen und anschliessend telefonisch abgesagt. Nach vier absolvierten Bewerbungsgesprächen zog sie ihr Fazit: Jedes Unternehmen hat eine individuelle Interviewkultur und investiert viel Zeit und Mühe in ihre Recruiting Prozesse.
Doris_Dinkel_authentische_Kabelfirma

Tags darauf klingelte Doris‘ Handy und eine Frauenstimme meldete sich: „Hallo Doris, hier ist Alina Scheurer von der Bentex, hast Du Lust, nächste Woche vorbeizukommen?“ Doris dachte angestrengt nach. „Bentex, Bentex, Bentex…verflucht!“ Sie konnte sich zwar daran erinnern sich dort beworben zu haben, ihr kam allerdings nicht mehr in den Sinn, in welcher Branche die Bentex eigentlich tätig ist. Trotzdem sagte sie zu.
Für das Interview machte sich Doris nochmals schlau über die Bentex. „Seit über 120 Jahren stellt Bentex Kabel aller Art in bester Qualität her.“ – „Ui, ziemlich trocken“, dachte Doris. Als sie dann aber andere Kategorien auf der Website anklickte, veränderte sich ihr Bild. Unter ‚Team’ waren mit der Überschrift ‚Wir sind Bentex’ tatsächlich alle 95 Mitarbeiter mit Foto aufgeführt. Doris scrollte zur Finanzabteilung und schaute sich das Team an. Alle sahen freundlich aus und die meisten lachten. Da stutze Doris plötzlich. Schnitt dieser Reinhold Pfaffli, ein Herr Mitte fünfzig, tatsächlich eine Grimasse? – Sie musste schmunzeln und freute sich auf den Bewerbungstag.
Der Tag des Bewerbungsgesprächs kam und Doris ging zur Bentex. Dort wurde sie von der Empfangsdame begrüsst: „Ah, du musst Doris sein. Willkommen bei Bentex, ich ruf gleich Alina an.“ Doris war überrascht, dass die Empfangsdame ihren Namen kannte. Alina, die Leiterin der Finanzabteilung, bog keine zwei Minuten später um die Ecke und nahm Doris in Empfang. Sie führte sie in einen Raum, der Doris so gar nicht an ein Bewerbungszimmer erinnerte. Bis auf den Tisch in der Mitte und die beiden Bürostühle, erinnerte die Ausstattung des Raumes eher an ein Wohnzimmer. Die Fenster waren geöffnet, sodass warme Sonnenstrahlen ins Zimmer fielen und auf dem Tisch stand ein bunter Blumenstrauss. An den Wänden hingen farbige Bilder, teils Kunst, teils Erinnerungen an vergangene Teamausflüge und sogar eine Skulptur aus Kabeln thronte auf einem kleinen Podest in einer Ecke. Ausserdem standen schon Kaffeetassen, Wassergläser und Guezli bereit – Doris fühlte sich wohl.
Die beiden Frauen setzten sich an den Tisch und Alina goss Kaffee und Wasser ein. Sie erklärte Doris die Arbeitsweise in der Finanzabteilung: „Unsere Finanzabteilung ist extrem flexibel. Bei uns arbeiten alle Finanzler als Team zusammen an den Projekten. Das heisst, dass jeder seine Stärken ausschöpfen und auch einbringen kann, aber natürlich auch, dass das Team viel kommunizieren muss.“ Doris staunte, damit hatte sie nun wirklich nicht gerechnet. Alina fing ihren Blick auf und fragte: „Kannst du dir vorstellen, so zu arbeiten?“ Doris nickte: „Vorstellen kann ich mir das schon, ich stelle es mir sogar ziemlich spannend vor. Nur habe ich mit so einer intensiven Zusammenarbeit im Team noch keine Erfahrung.“ Alina lachte auf und sagte: „Da bist du nicht die Einzige! Alle, die bei uns angefangen haben, hatten noch keine Erfahrung mit einer so engen Teamarbeit.“ Sie stand auf und winkte Doris zu sich: „Komm, am besten stelle ich dich dem Team vor, dann kannst du dir gleich selbst ein Bild machen.“ Doris stand auf und folgte Alina durch die Gänge. In einer Arbeitsnische mit vier Arbeitsplätzen blieb sie stehen: „Das sind Sonja und Patrick, deine Teammitglieder in Spe. Und hier wäre dann dein Arbeitsplatz. Neben dir sitzt eigentlich Reinhold, aber der hat heute frei.“ Doris erinnerte sich an dessen Grimasse auf der Website und musste sich ein Lachen verkneifen. Sonja ergriff das Wort: „Schau, hier haben wir eine Sofaecke in der wir uns täglich besprechen. Je nach dem was du am liebsten machst und am besten kannst, übernimmst du gewisse Bereiche in einem Projekt.“
Ein Team, welches sich ergänzt und die Arbeiten nach Fähigkeiten und Interessen aufteilt? Das hatte Doris vom verstaubten Finanzwesen bisher anders kennengelernt und war hellauf begeistert von diesem Arrangement. Gleich morgen würde sie Alina nochmals anschreiben und ihr Interesse an der Stelle bekunden.
Ob ein Unternehmen authentisch ist, merkt man sofort. Für Werte und Leitbilder braucht es erlebbare Beweispunkte. Sowie bei der fiktiven Kabelfirma, müssen die ersten Kontaktpunkte sitzen: Vorbereitung auf den Kandidaten, freundliche Begrüssung, angenehmes Bewerbungszimmer, durchdachter Ablauf – denn der erste Eindruck bleibt und sollte aber auch angemessene Erwartungen wecken. Wenn er gut ist wie bei Doris: Jackpot.
Christoph Jordi ist Gründer und CEO von DoD!fferent und schreibt hier einmal pro Monat als Gastautor. DoD!fferent bietet agile Strategieberatung mit Fokus auf Employer Branding. Jordi doziert zudem am Schweizerischen Institut für Betriebsökonomie und führt dort den Cert. Employer Branding Expert Lehrgang durch.

Ratgeber & Checklisten
Alle Ressourcen
Alle Ressourcen

Downloaden Sie nützliche Whitepaper und Studien rund um die Rekrutierung.

Jetz entdecken
Rekrutierungs-Guide
Rekrutierungs-Guide

Erhalten sie einen Überblick über die 3 wichtigsten Phasen in der Rekrutierung.

Jetz entdecken
Vorlagen für Stellenbeschreibungen
Vorlagen für Stellenbeschreibungen

Sparen Sie mit unserer Vorlagen Zeit bei der Erstellung von Stellenbeschreibungen für Ihre offenen Stellen.

Jetz entdecken

Erhalten Sie aktuelle HR-News, Infos über Talent Management und Arbeitsrecht, Tipps & Checklisten sowie Details über interessante HR-Events.

Abonnieren
xNewsletter abonnieren

Werden Sie Teil unserer Community! Mehr als 20'000 Unternehmen profitieren von unseren regelmässigen HR-Beiträgen und Tipps.​

Jetzt Newsletter abonnieren​