Ferien von der Verantwortung – Sabbaticals

Die Welt umsegeln, Chinesisch lernen, am Strand sitzen – und das für mehrere Monate! Berufliche Auszeiten, sogenannte Sabbaticals, sind in der Schweiz vor allem in grossen Unternehmen wie zum Beispiel der ABB, UBS, CS, den SBB, der Swisscom oder bei der Schweizer Post verbreitet. Dass sie für den Arbeitnehmer angenehm sind, ist nachvollziehbar. Aber auch der Arbeitgeber hat etwas davon. Nur: Die Auszeiten sind immer noch zu wenig verbreitet, vor allem bei KMU. Das ist schade, denn der Effekt spielt bei allen.

Für Arbeitnehmer gilt: Erholt wird es sich nicht nur während des Sabbaticals selbst, sondern auch vor Antritt der Absenz und nach der Rückkehr in den Job. Vor dem „Abgang“ müssen Projekte zwangläufig frühzeitig an andere Teammitglieder übergeben werden. Die letzten Wochen lassen die Arbeiten dadurch schön schrittweise ausklingen. Die Auszeit wirkt aber auch nach: Sie verschafft die nötige Distanz zur Firma. Der neu gewonnene Blick von aussen rückt das eigene Unternehmen wieder ins richtige Licht. „Work“ und „Life“ finden auch in der eigenen Wahrnehmung wieder ihre „Balance“.
Der Arbeitgeber, auf der anderen Seite, muss kurzfristig etwas mehr Zeit in die Ressourcenplanung investieren. Den Ausfall eines Mitarbeitenden steckt ein Team nicht einfach so weg. Grossunternehmen sind es sich meist schon gewöhnt, aber KMU haben in vielen Fällen grossen Respekt vor der Lücke. Trotzdem sind da unmittelbare, greifbare Vorzüge.
Die zurückkehrenden Mitarbeiter sind vollgetankt mit neuen Erfahrungen, Ideen und Inspirationen. Sie haben eine ganz neue Wertschätzung für ihren Arbeitgeber, der ihnen die „Ferien“ ermöglicht hat. Sie haben gelernt, dass sie nicht unersetzbar sind – was für eine gute Teamdynamik nicht zu unterschätzen ist. Sie mussten vor dem Antritt ihrer Auszeit ihr gesamtes Wissen mit dem Team teilen – zentrales Know-how kann so mittelfristig gar nicht bei einem einzelnen Mitarbeitenden steckenbleiben. Das Team hat gelernt, mit einschneidenden Ressourcenkürzungen umzugehen und kann kurzfristige Ausfälle oder Babypausen besser verkraften. Nicht selten werden die Karten der informellen Hierarchien neu gemischt – auch das eine gesunde Sache für die meisten Unternehmen. „Zurückgebliebene“ Teammitglieder bekommen die Möglichkeit, sich in neuen Rollen und bei neuen Aufgaben zu beweisen, müssen sich neuen Herausforderungen stellen und mehr Verantwortung übernehmen. Plötzlich stehen sie an der Front, erleben und lernen einen direkteren Umgang mit Kunden oder Vorgesetzten, und sehen die Zusammenarbeit im Team aus neuer Warte. Oft resultiert dies in der persönlichen Weiterentwicklung oder sogar direkt in einem Karriereschritt. Ob Grossunternehmen oder KMU spielt hier überhaupt keine Rolle – ein Team ist schliesslich immer etwa gleich gross!
Ebenfalls nicht zu unterschätzen, und gerade hier sind Schweizer KMU mehr denn je gefordert: Auch im Wettstreit um Fachkräfte kann das Unternehmen mit der Option „Sabbatical“ nur punkten, gerade im Kampf um die jüngeren Generationen, die grossen Wert auf Teamgeist, Klima, Entwicklungsmöglichkeiten und interessante Arbeitsinhalte legen.
Wie gehen Ihre Teams mit Sabbaticals um? Müssen die Zurückgebliebenen leiden? Profitiert das ganze Team nach der Rückkehr der „Ferienmacher“? An welche Bedingungen sind Sabbaticals in Ihrem Unternehmen gebunden? Lassen Sie uns an Ihren Erfahrungen teilhaben.
Michel Kaufmann ist im Verwaltungsrat der JobCloud. Von 2001 bis 2014 engagierte er sich mit Aufgaben im Product Management, der IT und dem Marketing für den Ausbau des Stellenportals und der Marke jobs.ch. Seine langjährigen Erfahrungen in der Online Rekrutierung und dem Markenaufbau bilden den Hintergrund für seine Artikel in diesem Blog.