Von der Digitalisierung im HR, perfektem Kandidaten-Matching und Humor und Floskelverbot in Stelleninseraten – im ersten Teil des Interviews mit Jörg Buckmann

Viele denken, digital heisst besser – nicht jedoch Jörg Buckmann. In seinem neusten Buch «Personalmarketing mit gesundem Menschenverstand» spricht Buckmann von der Illusion des «digitalen Messias», der direkt «von der Cloud herabgestiegen» kommt, um das HR zu digitalisieren. Warum Buckmann der Digitalisierung nicht nur positiv gegenübersteht, weshalb Humor beim Recruiting häufig unterschätzt wird und ob es ein Floskelverbot in Stelleninseraten braucht, erklärt er uns im Interview.


Digitalisierung im HR, perfektem Kandidaten-Matching und Humor und Floskelverbot in Stelleninseraten from JobCloud AG on Vimeo.

In deinem neuen Buch geht es vor allem um Digitalisierung – warum ist dir dieses Thema so wichtig?

Ich bin immer wieder erstaunt, wie man in Fachtagungen und Zeitungen von Digitalisierung spricht, als hätte es in den letzten 200 Jahren keine Entwicklung gegeben. Als hätte der «digitale Messias» nun einen Knopf gedrückt und alles wäre auf einmal anders – das geht mir zu weit. Denn trotz aller digitalen Möglichkeiten geht es bei der Personalgewinnung immer noch darum, dass zwei Menschen überlegen, ob sie miteinander arbeiten können. Ebenso fehlt mir die Kandidatenperspektive. HR-Leute sprechen häufig davon, wie sie Prozesse optimieren und Bewerbungsabläufe effizienter gestalten können, ich höre aber nicht, ob das auch den Kandidaten unter den Nägeln brennt oder das nur den Personalern wichtig ist – und das hat schlussendlich zum Buch «Personalmarketing mit gesundem Menschenverstand» geführt.

Genau das ist ein wichtiger Punkt in deinem Buch: Du schreibst, dass du kein Fan von unreflektierter Fokussierung in der Digitalisierung im HR bist. Was muss man ändern, um im HR bezüglich Digitalisierung reflektierter zu werden?

Ganz einfach: Der erste Gedanke muss sein, ob es den Kandidaten nützt. Es gibt durchaus sehr gute digitale Helferlein, die vor allem auch den potenziellen Bewerberinnen und Bewerbern dienen. Im Mittelpunkt sollte aber immer der Nutzen für die Zielgruppe stehen. Ich bin kein Gegner der Digitalisierung, im Gegenteil, ich finde sie höchst faszinierend. Aber man verliert die Zielgruppenfokussierung aus den Augen. Um das zu ändern, habe ich in meinem Buch 18 Denkzettel aufbereitet, die aufzeigen, wie man in Unternehmen mit wenig oder gar keinem Budget bzw. miti wenig oder gar keiner digitaler Unterstützung bei der Zielgruppe punkten kann.

Warum bleibt der «perfekte Match» zwischen Kandidaten und Arbeitgebern trotz künstlicher Intelligenz ein Wunschtraum?

Es gibt viele, die heutzutage beschreiben, wie einfach sie Profile eruieren und ansprechen – häufig ist das nicht mehr als heisse Luft. Denn mindestens beim Normal-Recruiter und bei KMU ist dieses Matching noch nicht angekommen. Schon vor 15 Jahren, als die ersten Bewerbungsmanagement-Systeme aufkamen, hat man diese als das «das Gelbe vom Ei» für Bewerbende gepriesen. In Wahrheit sind sie aber hauptsächlich für Unternehmen vorteilhaft, weil diese weniger Zeit verlieren und ihre Prozesse optimieren können. Das steht für mich beispielhaft für das falsche Versprechen, dass mit der Digitalisierung alles besser wird. Mich erstaunt dann umso mehr, dass Kandidaten in zwei von drei Fällen keine Antwort auf ihre Bewerbung erhalten. Unternehmen, die sich in die Pflicht nehmen, innert 48 Stunden eine Antwort zu geben, gibt es nicht. Im Gegenteil: Es wird lustlos und wenig reflektiert rekrutiert. Wenn ich in den Schuhen der Kandidaten steckte, würde ich mir einen Satz wie «Vielen Dank für deine Bewerbung, du hörst in der nächsten Woche von uns» wünschen. Es gibt noch so viel Potenzial – auch ohne digitalen Messias.

Du beschreibst, dass besonders Humor bei der Personalgewinnung wichtig ist. Wie bringt man denn nun Humor ins HR?

Ein Patentrezept gibt es nicht (lacht). Aber man sollte beispielsweise versuchen, bei der Personalauswahl nicht nur auf Hard Skills zu schauen, sondern auch, ob ein Kandidat Humor besitzt. Ob jemand lachen kann – am besten auch über sich selber. Als ich mit Kollegen Stelleninserate durchgeschaute, haben wir festgestellt, dass es kein Stelleninserat gibt, in dem die Wörter lachen oder Humor vorkommen. Jedes Unternehmen ist dynamisch und innovativ, aber jemand mit der Fähigkeit, Humor im Team-Alltag einzubringen, ist schlichtweg nicht gefragt. Ein gutes Team macht nicht nur Zuverlässigkeit aus, sondern auch, dass man es zusammen lustig hat. In Firmen, in denen man lachen kann und eine gute Stimmung herrscht, wird produktiver gearbeitet – trotzdem wird niemand im Anstellungsgespräch nach dem Lieblingswitz gefragt. Der Gipfel dieser – Entschuldigung –perversen Geschichte is: Wenn in einem Arbeitszeugnis steht, jemand habe zu einer lockeren und humorvollen Kultur beigetragen, dann lesen acht von zehn Personaler zwischen den Zeilen, dass die Person der Klassenclown war. Dabei wäre Humor so wichtig – vor allem in unangenehmen Situationen!

Du schreibst auch, dass auf zwölf Anforderungen in Stelleninseraten durchschnittlich höchstens fünf Benefits folgen – was braucht es für ein gutes Stelleninserat?

Wenn man sich diese Inserate bezüglich Gestaltung und Formulierungen anschaut, schläft einem in neun von zehn Fällen das Gesicht ein. Bis heute ist im HR nicht angekommen, dass Stelleninserate Werbeinserate sind. Ich kenne keine Werbeinserate, die dir nicht zuerst den Speck durch den Mund ziehen und Lust auf mehr machen, dann das Produkt mit seinen Vorteilen beschreiben – und erst dann auf den Preis zu sprechen kommen. Es stehen sehr viel mehr Anforderungen als Benefits in den Stelleninseraten. Es ist also ein unglaubliches Missverhältnis zwischen dem, was ich bezahlen muss und dem, was ich dafür bekomme. Alternativ könnten sich Unternehmen überlegen, ob sie ihr Anforderungsprofil anpassen oder ob jemand in die Rolle hineinwachsen könnte.

Also braucht es ein Floskelverbot in Stelleninseraten?

Ich fände es vor allem wünschenswert, wenn die Stellenbeschriebe präziser wären. Viele Inserate sehen auf den ersten Blick nach viel aus, sind dann aber sehr aussageschwach – auch weil sehr viele Floskeln drinstehen. In dem Sinne – ja, ein Floskelverbot fänd ich cool. Das wäre Inspiration für ein neues Buch (lacht).
Jörg Buckmann ist Fachmann für Personalmarketing und arbeitet als Unterstützer und Berater für Unternehmen, die sich im Arbeitsmarkt attraktiv positionieren wollen. Sein neustes Projekt ist sein Buch «Mitarbeitergewinnung mit gesundem Menschenverstand»

Buch-Verlosung

Gewinnen Sie eines von drei Exemplaren des neuen Buchs von Jörg Buckmann «Mitarbeitergewinnung mit gesundem Menschenverstand».
Schreiben Sie dazu in die Kommentare, wie wichtig Ihnen Humor bei Kandidaten ist. Die GewinnerInnen werden nach dem Zufallsprinzip ermittelt und per E-Mail kontaktiert. Teilnahmeschluss ist am 13.7.2018 um 23:59. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen.


3×1 Exemplar «Mitarbeitergewinnung mit gesundem Menschenverstand» von Jörg Buckmann zu gewinnen from JobCloud AG on Vimeo.

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